Yukon – Whitehorse und ein bockendes Bockerl

Der Stewart Cassier Highway hat uns in den Yukon geführt. Nachdem wir auf dem Weg hier hoch bereits die nötigen Bremssättel bestellt haben, machen wir uns auf den Weg nach Whitehorse. Von Watson Lake führt der Highway 1 in Yukon’s Hauptstadt. Wir nehmen jedoch eine Abzweigung über den Highway 8 nach Carcross zum Carcross Desert – der angeblich kleinsten Wüste der Welt. Da passiert es. Der vierte Gang rutscht während dem Fahren raus! Thomas legt ihn wieder ein. Vielleicht war er ja nur nicht richtig drin? Aber nein, beim Gas geben ploppt er einfach wieder raus. Die Laune ist dahin!

Dunkle Wolken ziehen auf. Der Getriebeschock sitzt tief!
Dunkle Wolken ziehen auf. Der Getriebeschock sitzt tief!

Das Getriebe ist ein ganz wunder Punkt bei uns beiden, da uns das Bockerl bereits mit Getriebeschaden verkauft wurde. Dies hat sich damals jedoch erst im Nachhinein herausgestellt. Beim Fahren sprang hier immer der fünfte Gang raus. Wir haben zu der Zeit ein halbes Jahr nach einem „neuen gebrauchten“ Getriebe gesucht und sind dafür extra in die Schweiz gefahren. Vor der Reise hatten wir gesagt, es kann alles kaputt gehen. Nur nicht der Motor und das Getriebe! Der Alptraum ist eingetroffen! Aber was sollen wir nun machen und es bleibt uns aktuell nichts anderes übrig, als weiter zu fahren. Der Yukon ist ja auch nicht gerade dicht besiedelt und für seine Großstädte bekannt und somit auch nicht besonders stark mit Werkstätten und entsprechenden Ersatzteilen bestückt. Wir bezweifeln, hier das Getriebe reparieren lassen zu können. Da das Bockerl auch ganz „normal“ fährt, wenn Thomas den Gang festhält, beschließen wir das Problem auf später zu vertagen. So ist das wenn man auf Reisen ist. Wir können die Probleme meist nicht sofort lösen und müssen abwarten am „richtigen“ Ort zu sein.

Eine Wüste die gar keine ist

Trotz der miesen Laune, schauen wir uns halbherzig die Carcross-Wüste an. Allerdings ist es eigentlich gar keine Wüste. Dafür ist es hier nämlich viel zu feucht. Den Namen hat sie nur wegen der Optik bekommen. Die Wüste, die also eigentlich keine ist, ist eine Ansammlung von Sanddünen, die im Laufe der Jahrhunderte aus den getrockneten Sedimenten eines eiszeitlichen Sees hervorgegangen ist. Auch wenn der Name nicht hält was er verspricht, ist ein Besuch dennoch lohnenswert. Inmitten des grünen, bewaldeten Yukon eine wüstenartige Landschaft zu sehen, hat schon was.

Wir sind noch 70 km von Whitehorse entfernt und machen uns wieder auf den Weg. Die Landschaft hier ist der Hammer. Wir fahren vorbei an smaragdgrünen Seen. Die Wolken hängen tief in den Bergen. Das Wetter ist gerade total abgefahren. Es regnet und gleichzeitig scheint die Sonne, die das nebelverhangene Tal richtig aufleuchten lässt. Und wie es bei so einem Wetter nun mal so ist, lässt sich auch noch ein Doppel-Regenbogen blicken.

Das Bockerl unterm Regenbogen

Der Yukon ist mit seinen knapp 38.000 Einwohnern nicht wirklich dicht besiedelt und ungefähr 1,5-fach so groß wie Deutschland. Davon leben circa 27.000 Menschen in dessen recht überschaubaren Hauptstadt Whitehorse. Wir machen ein paar Besorgungen und wollen hier einen alten Freund von Thomas aus Kindheitstagen mit seiner Freundin besuchen. Sandra und Sascha sind Anfang des Jahres nach Whitehorse gezogen, um hierher auszuwandern. Wir dürfen das Bockerl auf deren Parkplatz vor der Wohnung abstellen und auch dort übernachten. Den Abend verbringen wir gemütlich bei ein paar Bierchen im und vor dem Bockerl und genießen den noch lauen Abend.

Zu Besuch bei Sandra und Sascha.
Zu Besuch bei Sandra und Sascha.

Allerdings bleibt es nicht bei unserer trauten Runde. Aus dem angrenzenden Park kommen ein paar jugendliche Indianer rüber. Leider ist der Park ein beliebter Treffpunkt für die sogenannten Natives, die sich hier gerne mal ein paar Drinks (oder Drogen) zu viel genehmigen. Die Entzugsklinik nebenan unterstreicht das Ganze noch. Leider sind Suchtprobleme bei den Ureinwohnern eine großes Thema. Um ehrlich zu sein, haben wir uns nicht besonders wohl gefühlt. Ein Mädel hat mich gefühlt fünf Stunden darüber vollgequatscht, dass sie bereits zweimal auf den höchsten Berg Yukon’s gewandert ist, mit einem Schweizer verheiratet und schwanger ist. Währenddessen hat sie immer mal wieder ihre Schnapsflasche aus dem Ärmel geschüttelt. Alkohol darf in Kanada nicht öffentlich getrunken werden. Wir trinken unser Bier aus Kaffeetassen. Das macht hier eigentlich jeder so. Wofür die Regel dann gut ist? Keine Ahnung. Immer diese Schlupflöcher. Als Fazit muss man jedoch sagen, dass unsere erste Begegnung mit den Natives doch ganz nett war. Ein weiteres Mädel, das noch die meisten Sinne beisammen hatte, hat uns einige Legenden aus ihrer Kultur erzählt, was wirklich spannend war. Aufgelöst hat sich die Truppe dann allerdings, als eine von ihnen einen Heulkrampf bekommen hat und wohl ein Anwohner die Polizei gerufen hat. Der Officer hat sie dann eingepackt und der Rest der Gruppe hat sich dann auch recht schnell verabschiedet.

Petri Heil – Angeln im Yukon

Da heute Samstag ist und Sascha, im Gegenzug zu Sandra, frei hat, hat er uns zum Fischen mitgenommen. Eine Tageslizenz für Ausländer kostet hier 10 CAN$. Sascha gibt uns einen super Einführungskurs und obwohl wir den ganzen Tag mit dem Boot auf dem Wasser sind, fangen wir leider dennoch nichts. Neuer Tag, neues Glück. Wir kaufen gleich eine Jahreskarte für 55 CAN$. Wir sind ja noch ein bisschen länger im Yukon und hoffen unterwegs noch ein paar Mal fischen gehen zu können. Die Schüler sind so gut wie sein Lehrer und wir holen insgesamt fünf Forellen raus oder haben einfach Anfängerglück. Thomas holt drei und ich zwei Forellen aus dem Wasser. Das Abendessen ist gesichert!

Am Dienstag können wir endlich unsere Bremssättel abholen. Da Whitehorse so weit ab vom Schuss liegt, musste der Teilehändler (NAPA ist hier in Nordamerika immer eine gute Adresse), diese aus anderen Teilen Kanadas bestellen. Das Bremssattel-Desaster zieht sich über drei Tage. Die Bremsleitungen sind so angerostet, dass Thomas sie nicht gelöst bekommt ohne sie zu zerstören. Die Suche nach neuen Leitungen gestaltet sich nicht wirklich einfach. NAPA hat keine. Ein anderer Teilehändler hat nur viel zu lange, die gekürzt und am Ende umgestülpt werden müssen. Für das Umstülpen fehlt uns das Werkzeug. Während Thomas am Bockerl weiter arbeitet, gehe ich zu einem Toyotahändler um die Ecke. Der kann sie entsprechend anpassen, aber erst morgen. Ja lieber Kanadier. Nur keine Eile! Am nächsten Tag klappert Thomas auch noch ein paar Autohäuser, auf der Suche nach Leitungen in der richtigen Größe, ab. Ohne Erfolg. Wobei eine Aussage von der Werkstattsekretärin die beste war: „I have never seen this before! (Sowas habe ich noch nie gesehen)“. Letztendlich versuchen wir es beim Canadian Tire. Und der hat sie! Hätten wir nicht gedacht. Der Laden ist super. Falls ihr mal in Kanada unterwegs seid: hier gibt es alles! Von Reifen über diverses Kfz-Zubehör und -Teile. Campingartikel, Küchenutensilien, Jagd- und Angelzeug, um nur ein paar Dinge zu nennen. An Tag Drei kann Thomas nun auch alles wieder zusammenbauen und er repariert sogar die lockere Antriebswelle. Thomas, mein Meisterreparierer! Bremsen entlüften und fertig. Was normalerweise vielleicht insgesamt ein paar Stunden gedauert hätte, dauert unterwegs halt immer länger.

Das Bockerl bekommt neue Bremssättel und Bremsleitungen verpasst.
Das Bockerl bekommt neue Bremssättel und Bremsleitungen verpasst.

Unseren vorerst letzten Abend verbringen wir mit Sascha und Sandra bei selbstgemachten Elch-Tacos. Einen richtigen Unterschied zu z.B. Rindfleisch konnten wir geschmacklich nicht feststellen. Auf jeden Fall war es super lecker. Von Sascha leihen wir uns noch seine Goldwaschpfanne, da wir uns Richtung Dawson City, der Goldgräberstadt aufmachen. Auf dem Rückweg kommen wir streckenbedingt nochmal hier vorbei und bringen sie zurück.

Yukons traumhafte Wildnis

Sobald man aus Whitehorse raus ist, ist wieder Natur pur angesagt. Der Yukon ist ein absoluter Traum. Die Landschaft ist der Hammer. Über den Klondike Highway und entlang des Yukon River geht es weiter in den Norden. Zwischen der dicken Wolkendecke bricht immer wieder die Sonne durch und bescheint Teile der Berge in der sonst dunklen Landschaft. Wir genießen die wilde Natur des Yukon mit seinem derzeit wankelmütigen Wetter: Sonne, Regen, Nebel und spektakuläre Regenbögen. Wir finden einen schönen Stellplatz für die Nacht. Ein verlassener alter Campingplatz am Yukon River, an dem ein paar andere Reisende ein kleines Camp gebaut haben. Eine Art Baumhaus umrundet von Baumstämmen zum Sitzen und natürlich der obligatorischen Feuerstelle. Hier ist es so idyllisch, als auch noch ein Weißkopfseeadler über uns landet und ein Stachelschwein durch die Büsche kriecht, dass wir beschließen gleich zwei Nächte hier zu bleiben.

Wir machen einen kleinen Abstecher zu den Five Finger Rapids. Die Five Finger Rapids, sind eine Felsformation im Yukon River, welche den Fluss in fünf Stromschnellen teilt. Als die Goldsucher im 19. Jahrhundert den Fluss als Verkehrsweg nutzten, stellten die Rapids ein gefährliches Hindernis dar. Dampfer verwendeten später Winden und Stahlseile um durch die Felsen zu manövrieren. Um den Weg ungefährlicher zu machen wurde später einer der Felsen gesprengt. Ein kurzer Trail führt vom Parkplatz zu einem Aussichtspunkt. Wenn man hier vorbei kommt, kann man sich die Five Fingers schon ansehen. Wirklich spektakulär sind sie jedoch nicht.

Da hinten ist er irgendwo. Der Dempster Highway, die Straße zum Polarkreis
Da hinten ist er irgendwo. Der Dempster Highway, die Straße zum Polarkreis

Dafür werden wir auf unserem Weg weiter in den Norden mit traumhafter Wildnis belohnt. Man merkt wie intakt hier das Ökosystem noch ist. Es wimmelt nur von wilden Tieren. Auf dem Weg zum Dempster Highway, der uns an den Polarkreis führen wird, passieren wir Schwarzbären und Elchkühe mit Kälbern. Wir haben uns schon nach zwei Wochen in den Yukon verliebt!

Highlights

  • Besuch bei Sandra und Sascha
  • Angeln mit Sascha
  • Der verlassene Campingplatz in der Nähe der Five Finger Rapids
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